Streiflichter
zur Geschichte des Tauerngoldes
Während der Goldbergbau überall eingestellt wurde, hielt sich bis heute einiges an bergmännischem Brauchtum. Dazu gehört der Schwerttanz, der alljährlich im September in Böckstein aufgeführt wird.
Die Schwerter symbolisieren die Höherrangigkeit des Bergmannstandes gegenüber dem Bauernstand und erinnern gleichzeitig an eine frühe Periode der Tauerngeschichte, als die Wehrhaftigkeit der Knappen gegen Wildtiere wie Bären, Luchse und Wölfe als nötig erachtet wurde.
Die alten Bergbaue lagen fernab von "Land und Leute", weit oben am Berg und im Falle eines Angriffes konnte kein Nachbar helfen.
Als nach dem Bauernkrieg von 1525/26 das Tragen von Waffen generell verboten war, machte die strenge Landesherrschaft des Erzstiftes Salzburg bei den Knappen eine Ausnahme: Schwerter blieben erlaubt.
Der stilisierte Schwertertanz ist bereits im 16. Jahrhundert erwähnt. Er gelangte damals viel öfter zur Aufführung als heutzutage, so zum Beispiel immer dann, wenn prominente Besucher des Tales besonders geehrt werden sollten.
Zum bergmännischen Brauchtum gehörten auch die sogenannten "Bergmusikanten", die - ursprünglich nur mit Trommeln und Pfeifen (Schwegelpfeifen) - bei Umzügen ausrückten bzw. am Wochenende zum Tanze bliesen.
Die Böcksteiner Knappenmusikkapelle, in ihrer modernen Form, wurde 1925 gegründet, just zu einem Zeitpunkt, als der Bergbau in einer totalen Krise steckte und ein Wiederbeginn in den Sternen stand.
In diesem Sinne ist die Gründung der Kapelle einmal mehr der Ausruck zähen Bergmannstolzes.
Knappenmusikkapelle
ALTES RADHAUS
In 2177 m Seehöhe südlich oberhalb von Kolm-Saigurn findet man noch heute die Reste der ehemaligen "Aufzugsmaschine", die Oberkunstmeister Joseph Gainschnigg konstruierte.
Das Bild zeigt den "Motor" der Anlage. Ein Wasserrad von 11 m Durchmesser war fest an einer Seilspule von 3 m Durchmesser fixiert, mit dieser eine Einheit bildend.
Mit Hilfe des Wasserrades und der Seiltrommel wurde ein 1,4 km langes Hanfseil langsam aufgerollt und so eine große Truhe nach oben gezogen. Diese Truhe besaß vier walzenähnliche Räder und lief auf Holz-"Geleisen", die ihrerseits auf stelzenartigen Holzkonstruktionen ruhten und so die Bodenunebenheiten überbrückten.
Die Anlage stand von 1832 bis 1897 in Betrieb. Es gab in dieser Zeit mehrere Zwischenfälle, aber keinen großen Unfall. Niemand kam zu Schaden.
Transportgüter bei der Bergfahrt waren Betriebs-mittel wie Holzbalken, Eisen, Nahrungsmittel und - Bergsteiger, die sich den Weg auf den Sonnblick ein wenig erleichtern wollten.
Talwärts wurden die gewonnenen Erze herunter-"geseilt".
Altes Radhaus mit Hocharn
Im Vordergrund, unten, das Radhaus, dessen offener hinterer Teil einen "Bruchhof" darstellt. Dort wurde Erz zwischengelagert, das vom hohen Goldberger Knappenhaus (2340m) auf dem "Bremsweg" (ansatz-weise rechts zu sehen) zum Radhausberg hinunter-"gebremst" wurde. Oberhalb des Bruchhofes, auf Holzstecken, ein Wassergerinne, das das große Rad mit Aufschlagswasser versorgte.
Im Hintergrund der Hocharn und die Goldzeche. Auf beiden Bergen gab es im 16. Jahrhundert Stollen bis in eine Höhe von ca. 3100m Seehöhe. Unter dem Grat der Goldzeche wurden von beiden Seiten, also von Kärnten und Salzburg aus, Stollen eingetrieben. Ein Kärntner Stollen soll soweit unter die Grenze hindurch gebaut worden sein, dass man sozusagen von innen her auf den Salzburger Gletscher stieß.
Kolm Saigurn
In Kolm-Saigurn im innersten Rauriser Tal befand sich die "Talstation" des Aufzuges, dessen Holzgeleise über die Felsbarriere hinweg nach oben führten.
Im Vordergrund der "Kolm" (Aufbereitungsanlage mit Pochwerk und Stoßherden) samt Nebengebäuden. Der Name "Saichkurn", der nicht aus dem Slawischen kommt und mit letzter Sicherheit nichts mit der Kupferschmelz-technik des "Saigers" zu tun hat, lässt sich erstmals 1420 belegen, und zwar als "Saichkurn".
Erst im 16. Jahrhundert kam dann der Namensbestandteil "Kolm" dazu, weil zu dieser Zeit mehrere "Kolme"/ "Kolben" gebaut wurden.
Im 19. Jahrhundert war der große Ignaz Rojacher Besitzer des Kolms und des Bergwerks.
Die Bergbauanlagen im Nassfeld/Sportgastein waren (und sind in Resten) ein Produkt der neuen Zeit.
Die zweite Gewerkschaft Radhausberg unter Ing. Karl Imhof baute hier in einem talnahen Horizont einen sogenannten "Unterbaustollen" in Richtung Kolm-Saigurn. Dieser Stollen hatte einen zweifachen Zweck: zum einen sollten durch ihn die Nordnordost nach Südsüdwest verlaufenden Erzgänge im innersten Siglitztal sozusagen von innen her abgebaut werden.
Dies brachte als zusätzlichen Vorteil mit sich, dass man auch während des Winters, wenn die betreffende Gegend immer durch Lawinen bedroht ist, ungefährdet arbeiten konnte. Zum anderen plante man schon zu Beginn des
20. Jahrhunderts eine Verbindung mit Rauris, die - trotz Einstellungsbefehls des damals zuständigen Reichswirtschaftsministeriums vom Mai 1944 - im Jänner 1945 auch hergestellt wurde.
Bergbauanlagen Nassfeld
Aufbereitung Nassfeld
Der Aufbereitungs-"Turm", der heute nicht mehr besteht, war das Kernstück der gesamten Anlagen.
In dem heute noch teilweise gut, teilweise ruinenartig erhaltenen Werksgelände wurden vor etlichen Jahren einige Szenen des berühmten Filmes "Via Mala" (von John Knittel) gedreht.
Links im Hintergrund befindet sich auf der Höhe des Tauern die "Hagener Hütte", rechts davon die schneebedeckten Doppelgipfel der Hohen Geisel.
Aufbereitungsmaschinen
Die Erzbrocken, die auf Hunten aus dem Stollen kamen, wurden zuerst durch einen Pocher bzw. Backenbrecher stark zerkleinert, sodass ein sogenannter "Schlich" mit Bestandteilen in der Größe von Sandkörnern (und darunter) entstand.
Diese "trübe" Masse wurde über den songenannten "Amalgamationstisch" geführt. Das dort aufgebrachte Quecksilber hat nach einem Naturgesetz die Eigenschaft, kleine Partikel an Freigold an sich zu binden. Damit konnte man immerhin 25 % des Goldes gewinnen.
Der Rest des Schliches wurde auf komplizierten Rüttelherden (siehe Abbildung) zu verschiedenen Erz-konzentraten verarbeitet. Am reichsten goldhaltig war der Bleiglanz-Arsen-Schlich.
Alle Erzkonzentrate wurde größenteils nach Freiberg in Sachsen gebracht, wo man das Gold und Silber extrahierte.
Alter Abbau
So bieten sich die ausgehauenen Stollen des 16. Jahrhunderts dem heutigen Auge. Im Vordergrund ist eine "Leiternfahrt" zu sehen.
In der alten Bergmannssprache sagte man nie "gehen" oder "steigen", sondern immer "fahren", auch wenn man oft lange Strecken marschieren musste. Es heißt auch nicht einfach "Leiter", sondern immer "Leiternfahrt" oder "Sprossenfahrt" oder einfach "Fahrt".
Rechts oben, im Hintergrund, sieht man "Versatzmaterial". Das war taubes Gestein, das man in schon früher hergestellten Hohlräumen einfach deponierte. In vielen Fällen war das in alten Zeiten verboten, besonders das Anfüllen von Schächten mit Taubem.
Trotzdem kam es immer wieder vor, dass Knappen das Gestein trotz Verbotes in einen Schacht hinunterkrachen ließen, es "tuschend", unerlaubter Weise, zum Verschwinden brachten. Daher kommt heute, im übertragenen Sinne gebraucht, die Redewendung: "Er hat etwas vertuscht".
Heutiger Abbau
Zur Zeit der Zweiten Gewerkschaft Radhausberg arbeitete man schon mit Pressluftbohrern. Der nach oben abgepölzte Hohlraum entspricht in etwa der Gangfüllung mit Erz bzw. mit Erz und Quarz.
Die Vererzung ist nicht mit großen Adern zu vergleichen, wie dies das Wort "Erzader" nahelegen würde. Vielmehr handelt es sich um große "Erzblätter". Deren Dicke reichte von wenigen Zentimetern bis zu zwei, selten drei Metern.
Die Länge eines solchen "Erzblattes" konnte in der Nordnordost-Südsüdweststreckung viele Kilometer erreichen. Die Tiefe, in die diese "Erzblätter" hinabreichen, ist umstritten, doch nimmt man heute an, dass es etliche hundert Meter sein können. Zumindest an bestimmten Stellen müssen "Erzwurzeln" auch noch viel tiefer reichen.
Stollenmundloch
Noch heute kann man unter fachkundiger Führung an vielen Orten Stollenmundlöcher antreffen es ist ratsam, einen Radfahrerhelm aufzusetzen oder sich zumindest die Kappe ein wenig zu "polstern", wie das der fröhliche "Stollenmolch" (im Bild) getan hat.
Ein "richtiges" Stollenmundloch
... musste nach altem Bergrecht
"Joch und Stempel" haben, wie jener mittlerweile "verstürzte" Stollen im Nassfeld-Ost.
Das Joch war das auf den Stempeln aufliegende Deckenholz. Diese einfache Holzkonstruktion am Stolleneingang konnte einen prak-tischen Schutz-Grund haben, ihr kam in ältester Zeit aber auch ein Symbolwert zu.
Nur wer sich vom Bergrichter einen Stollen verleihen hatte lassen, durfte Joch und Stempel setzten. Sobald diese in Natura vorhanden waren, war es niemandem mehr erlaubt, daneben einen zweiten Stollen anzufangen ohne gewisse Mindestabstände einzuhalten.
Das nachträgliche Versetzen von Joch undStempel gehörte zu den schwersten "Verbrechen" gegen das alte Berggesetz. Heute findet man nur noch sehr selten einen Stollen mit Joch und Stempel, weil mit der Aufgabe des Stollens das verwendete Holz "frei" wurde und als Brennholz bei Berghäusern oder auf Almen Verwendung fand.